Samstag, 26. Juni 2010

Warnsignale



Vom Optimismus der zwei Vorwochen war kaum noch etwas zu spüren. Zwar hatte ich auf der Hotline einen Verkaufsdruck in dieser Woche prognostiziert, jedoch war das Minus noch ausgeprägter als ich annahm. Das geringe Umsatzvolumen der Vorwoche war eine gewisse Warnung. Etliche Wirtschaftsdaten, die auf ein schwächeres Wachstum hindeuten, gaben schließlich den rationellen Auslöser für die Verk
ä
ufe. Lediglich der Ölpreis konnte aufgrund der starken Erholung am Freitag ein Wochenplus erzielen. Seit Jahresbeginn kommt allerdings auch das schwarze Gold auf ein leichtes Minus. Noch größer sind die Verluste an Wall Street, während der Dax sich noch im Plus hält. Der absolute Verlierer bleibt der Euro mit einem Minus von fast 15%. Allerdings liegt der Euro damit nur wieder auf seiner Kaufkraftparität zum Dollar, nachdem der Euro zuvor vollkommen überbewertet war. Von einer Euro-Schwäche zu sprechen wäre also falsch. Das Gold schloss nur knapp unter seinem H
ö
chststand vor einer Woche, nachdem es im Wochenverlauf erst einmal abwärts ging.

Der Juni hat noch drei Börsentage, die das Monatsresultat an Wall Street entscheiden werden. Während der S&P 500 Index und Freiverkehrsmarkt (Nasdaq) bereits mehr als ein Prozent zurück liegen, weist der Dow Jones noch ein geringes Plus auf, das allerdings nicht gesichert ist. Der Dax weist ein Plus von über zwei Prozent auf, das für einen positiven Monatsabschluss reichen sollte. Unter den 30 Dow Jones Titeln habe ich zur Zeit mehr Kaufempfehlungen als bei den 30 Dax-Werten.


Das Bruttoinlandsprodukt stieg im ersten Quartal mit 2,7% (grüner Pfeil) weniger als ursprünglich (+3,2%) angenommen. Bereits zu Jahresbeginn nannte ich die 3%-Marke eine Hürde für die US-Wirtschaft; während es in Europa die 2%-Hürde ist. Der private Verbrauch, der wichtigste Wachstumsfaktor in Amerika, war deutlich geringer als in den ersten Schätzungen angenommen wurde. Die Rezession (rosa Schattierung) ist allerdings überwunden. Die Gefahr eines nochmaligen Rückfalls in eine erneute Rezession (double dip) liegt bei höchstens 20% Wahrscheinlichkeit. Der Tiefstpunkt wurde vor 12 Monaten gesehen, als das Minus gegenüber dem Vorjahr fast 4%
(roter Pfeil)
erreichte. I
m ersten Quartal 2010 kam es zu einem Plus von 2,4% gegenüber dem Vorjahr
. Der Aufschwung (hellblaue Schattierung) begann mit der zweiten Jahreshälfte 2009 und stieg im vierten Quartal um fast 6% (blauer Pfeil) aufgrund höherer Lagerbestände.


Der Immobilienmarkt hat seine Talsohle noch nicht überwunden. Der Verkauf von Neubauten fiel im Mai mit 33% weit mehr als befürchtet wurde. Das Jahresvolumen von nur 300.000 Einheiten (roter Pfeil) ist das niedrigste seit 1963, dem Beginn dieser Statistik. Im April liefen Steuervorteile aus, die zu
ü
berdurchschnittlichen Aktivitäten (blauer Pfeil) geführt hatten. Hauspreise liegen fast 10% unter dem Vorjahresniveau. Die Hypothekenzinsen (blaue Linie) liegen unter der 5%-Marke und werden weiterhin niedrig bleiben.

Der Bausektor steht seit zwei Monaten unter einem deutlichen Verkaufsdruck. Die Kursverluste machen teilweise bis zu 50% aus. Dies offeriert Einstiegschancen für mutige Anleger. Vor 12 Monaten hatte ich diesen Sektor bereits einmal empfohlen und Kursgewinne von bis zu 80% in relativ kurzer Zeit erzielen können. Auch wenn sich die Börsengeschichte nicht minutiös wiederholt, rechne ich mit ähnlichen Chancen innerhalb von 9 -15 Monaten. Auf der Hotline werde ich einige Einzeltitel besprechen.


Der Verbraucher weist kein angeschlagenes Stimmungsbild auf. Der vor 18 Monaten begonnene Erholungstrend (blauer Pfeil) setzt sich bisher fort, auch wenn es einige Unterbrechungen gab. Nach dem starken Einbruch vor drei Jahren (roter Pfeil) folgte eine Konsolidierung (rosa Schattierung) vor zwei Jahren, die über ein halbes Jahr anhielt. Der Konsum macht rund 70% der amerikanischen Wirtschaft aus.


Die Lagerbestände beim Rohöl liegen über dem Vorjahresniveau (roter Pfeil), als der Ölpreis unter $70 pro Barrel lag. Der jüngste Preisanstieg beruht in erster Linie auf Spekulation und hat kaum eine fundamentale Rechtfertigung. Der starke Preisanstieg von über 3% am Freitag beruhte auf der Angst vor einem Sturm im Golf von Mexiko. Die $70-Marke kann in der zweiten Jahreshälfte sicherlich noch einmal nachhaltig unterschritten werden. Meine Kaufempfehlungen unter den Ölwerte bleiben Exxon Mobil (XOM - $59) und Total (TOT - $47).


Apple macht mit seinem neuen iPhone 4 erneut Schlagzeilen. Erstaunlich, wie viele Menschen sich eine ganze Nacht anstellen, um als Erste ein Mobil-Telefon zu erwerben. Noch eindrucksvoller ist der Kursanstieg von 4.000% (!!) innerhalb von sieben Jahren. Im April 2003 fiel die Aktie mit knapp $7 auf einen Tiefstkurs. Nur Wenige (ich gehörte dazu) gaben dem Computerhersteller eine Überlebenschance. Microsoft kann dagegen nicht beeindrucken. Der Aktienkurs steht heute mit $25 wieder fast genau da, wo er vor 7 Jahren war. Ende 2007 stieg die Aktie auf $36, um dann bis Anfang 2009 über 50% zu verlieren. Vor 15 Monaten wurde der Software Gigant auf der Hotline zum Kauf empfohlen.


Die Marktkapitalisierung von Apple stieg seit 2003 von knapp $7 Milliarden auf heute über $240 Milliarden (roter Linie). Damit ist der Technologiewert das zweitgrößte Unternehmen der USA und drittgrößte der Welt. Microsoft weist dagegen eine Marktkapitalisierung von "nur" $215 Milliarden (blaue Linie) auf. Als das Unternehmen Ende 1999 in den prestigereichen Dow Jones Index aufgenommen wurde und der Kurs um $60 lag, erreichte die Marktkapitalisierung mit rund $600 Milliarden einen Hoechststand. Auch wenn viele Analysten Appel auf den heutigen Niveau zum Kauf empfehlen, wäre ich hier vorsichtig und würde zumindest einen Teil verkaufen.


China und Indien sind mit insgesamt über 2,5 Milliarden Menschen die beiden größten früheren "Schwellenländer". Verlief der Aktienindex beider Länder von Mitte 2008 bis zum Frühjahr 2009 relativ parallel zueinander (hellblaue und rasa Schattierungen), so klafft die Indexentwicklung seitdem stark auseinander (violetter Doppelpfeil) zum Vorteil von Indien. Im vierten Quartal 2008 hatte ich China auf der Hotline empfohlen und nach der Verdoppelung zur Gewinnmitnahme geraten. Jetzt ist China wieder kaufenswert, während ich bei Indien etwas zurückhaltener wäre. Geduld ist allerdings erforderlich.

Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am 5. Juli, der in Amerika diesmal ein Feiertag ist, da der Unabhängigkeitstag (4. Juli) auf einen Sonntag fällt.


Heiko Thieme