Samstag, 1. Mai 2010

Gemischtes Resultat



Jeder noch so eindrucksvolle Trend findet einmal ein Ende. Nach einer ununterbrochenen achtwöchigen Rallye setzte diese Woche ein spürbarer Rückwärtsgang ein. Während Wall Street dennoch auf ein klares Monatsplus kam und damit meine Prognose Anfang April bestätigte, gelang dies weder in Frankfurt noch in Tokio oder Schanghai. Der April legte somit an den Weltbörsen ein gemischtes Resultat vor.

Die nächsten sechs Monate stellen für Börsianer eine Herausforderung dar. Die schwächste Börsenphase im Jahresverlauf liegt zwischen Mai und Oktober. Daher auch der bekannte Börsenspruch: sell in May and go away - verkaufe im Mai und geniesse den Sommer. Dies stimmt jedoch nicht immer. Gerade im vergangenen Jahr war man schlecht beraten, sich an diesen Spruch zu halten. Der Dax und Nikkei erzielten ein Plus von rund 13%, während der Dow Jones und Nasdaq sogar fast auf 20% kamen.

In diesem Jahr wird die Aktienauswahl den Börsenerfolg im Sommer entscheiden. Flexibilität und Nerven sind gefragt. Goldman Sachs liegt nach dem deutlichen Wochenverlust voll in meinem Kaufkorridor, den ich im Blog vor einer Woche zeigte. Etliche Analysten empfehlen dagegen einen Verkauf wegen möglicher Rechtsprobleme, die meines Erachtens bereits in dem deutlich gefallenen Kurs (Minus 25% seit Oktober 2009) berücksichtigt sind.

Gold und Öl waren die klaren Wochensieger. Meine Zurückhaltung halte ich hier jedoch aufrecht und warte weiterhin auf eine Korrektur, bevor ich Rückkäufe empfehle.
Der Euro konnte seinen Verkaufsdruck voll abbremsen, bleibt jedoch der bisherige Jahresverlierer mit einem Minus von fast 8%. Meine Kaufempfehlung für den Euro gilt weiterhin, wenn immer der Wechselkurs die $1,33-Marke unterschreitet, was in dieser Woche der Fall war.




Die amerikanische Wirtschaft expandierte im ersten Quartal mit 3,2% etwas weniger als allgemein erwartet wurde. Meine Zurückhaltung traf somit ein. Während das vierte Quartal mit Plus 5,6% (grüner Pfeil) durch den Aufbau von Lagerbeständen entscheidend getrieben wurde, war es diesmal der Konsum, was positiv ist. Allerdings wird der Aufschwung vorerst moderat aber keinesfalls stagnierend verlaufen. Das beste Quartal im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends gab es mit fast sieben Prozent (blauer Pfeil) im zweiten Quartal 2003. Dies hatte die Börse richtig antizipiert mit dem Beginn der damaligen Hausse an Wall Street im Oktober 2002; Europa folgte dann im März 2003 und Japan im April. Der damalige Wirtschaftsaufschwung setzte im vierten Quartal 2001 ein unmittelbar nach dem Terrorangriff auf New York und Washington im September und hielt bis zum dritten Quartal 2007 (blaue Schattierung) an. Die anschließende Rezession (rote Schattierung) erreichte ihren Tiefstand im ersten Quartal 2008 (roter Pfeil). Seit Mitte 2009 begann ein neuer Aufschwung, obwohl das Ende der Rezession bisher nicht offiziell bestätigt wurde. Die Gefahr einer nochmaligen Rezession in den kommenden 12 Monaten (ein so genannter double dip) liegt bei unter 15% Wahrscheinlichkeit und kann somit ignoriert werden.



Löhne und Gehälter sowie Nebenkosten lassen keinerlei Inflationsdruck erkennen. Allerdings wurden die Tiefststände am Ende des ersten Jahrzehnts (roter Pfeil) seit 2000 gesehen. Ein moderater Anstieg
beim Beschäftigung Kosten Index sollte kein Grund zur Nervosität sein. Inflation ist nach wie vor kein tatsächliches Thema, auch wenn es immer wieder in den Medien und bei einigen Strategen und Analysten auftaucht.


Die US-Wirtschaft gewinnt an Vertrauen. Dies bestätigt das Geschäftsbarometer in Chicago, was sich aus einer Umfrage in der Industrie und im Dienstleistungssektor ergibt. Das Stimmungstief (rote Schattierung) wurde im Juli vergangenen Jahres (schwarzer Pfeil) überwunden, als der Industrie-Index (rote Linie) die mit Wachstum assoziierte 50-Marke (grüne Linie) überschritt. Das Geschäftsbarometer ist jetzt auf dem höchsten Stand in drei Jahren.



Im Wohnungsbau zeichnen sich erste Erholungstendenzen ab, wenn auch von einer sehr geringen Basis. Dieses Schaubild ist zwar sehr komplex, aber es lohnt sich, hier etwas Zeit zu investieren, um eine mögliche Trendwende zu erkennen. Die drei roten Balken zeigen die Entwicklung der ersten drei Monate in diesem Jahr. Das niedrige Vorjahresniveau (gelbe Balken) wird dabei leicht überboten. Setzt sich dies als Trend fort, so wird der Hausbausektor noch in diesem Jahr positive Schlagzeilen machen! Wie überhitzt der Bausektor von 2003-2005 war, zeigen die dementsprechenden Balken (hellgrün, gelbgrün und dunkelgrün) an.



Tut sich was im Bausektor, so profitieren davon Hausbauwerte im besonderen Masse. Von dem totalen Einbruch (blaue Markierung) hat sich dieser Sektor bereits etwas erholt. Meine Kaufempfehlung vor einem Jahr war somit durchaus berechtigt, auch wenn es sicherlich sehr viele Skeptiker gab. Aber die Börse antizipiert bekanntlich und reagiert nicht auf die aktuelle Lage sondern projiziert die Zukunft. Bauwerte gehören weiterhin zu meinen Favoriten.




Ohne den Verbraucher läuft in Amerika kaum etwas. Der Konsum beeinflusst über 70% der US-Wirtschaft. Als das Verbrauchervertrauen seine Talsohle (roter Pfeil) im Februar vergangenen Jahres erreichte und der Einzelhandel starke R
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nge verzeichnete (rote Schattierung), begann wenige Tage später eine eindrucksvolle Hausse quasi aus dem Stand. Dies ist typisch Börse! Seit Mitte 2009 hat sich das Stimmungsbild des Verbrauchers jedoch nicht entscheidend weiter verbessert sondern stagniert trotz einiger Schwankungen. Im Gegensatz dazu, ist im Einzelhandel ein deutlich besseres Klima zu spüren (dünner blauer Pfeil). Solange jedoch nicht mindestens 200.000 neue Arbeitsplätze pro Monat geschaffen werden, wird der Verbraucher nach wie vor etwas Zurückhaltung üben.


Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline, die auch zur Situation im Golf von Mexiko und die Auswirkungen auf die Börse Stellung nimmt.

Die Thieme Hotline:
Deutschland: 09001 / 191 192 (EUR 0,69/Minute)
Schweiz: 0901 / 266 277 (CHF 1,00/Minute)
Österreich: 0900 / 500 515 (EUR 0,68/Minute)
Alle Angaben ohne Gewähr.

Mein nächster Blog erscheint in einer Woche, sofern ich in Afrika Zugang zu einem Computer finde.

Heiko Thieme