Montag, 17. Mai 2010

Eurotest



Trotz des globalen Verkaufsdrucks am Freitag kam es im Wochenverlauf zu einer allgemeinen Börsenerholung. Dennoch weist die erste Maihälfte weiterhin ein klares Minus auf, das in der zweiten Monatshälfte nur schwer überwunden wird. Damit ist die nunmehr 14-monatige Börsenhausse jedoch keinesfalls beendet, sondern der Markt beginnt eine technisch überfällige und notwendige Konsolidierungs/Korrekturphase, die bis zum Oktober dauern kann. Solche Börsenpausen eignen sich zur Restrukturierung von Portfolios und sollten nicht zur Untätigkeit führen. Kauf- und Verkaufslimits sind dabei klar zu beachten. Meine Hotline setzt sich mit diesem Thema regelmäßig auseinander. Der bisherige Jahresanstieg ist an den Börsen merklich geschrumpft (siehe Tabelle oben) und liegt meist unter der zwei Prozentmarke. Meine Jahresprognose von einem Plus zwischen 8%-12% bleibt bestehen. Am Jahresende werden die Weltbörsen also deutlich höher als heute schließen. Der bisherige Gewinner ist das Gold mit einem Plus von 12%, während der Euro mit einem Minus von über 13% und das Öl mit Minus fast 10% zu den Verlierern gehören.



Der Euro steht weiterhin im Kreuzfeuer der Kritik. Nach wie vor ist es jedoch falsch, von einer Euroschwäche zu sprechen. Der Euro ist lediglich von einer totalen Überbewertung, die fast 1,60 zum US-Dollar im Juli 2008 betrug, wieder in seine Kaufkraft-Bandbreite von $1,20 bis $1,30 (hellgrüne Markierung rechts im Schaubild) zurückgekehrt. Die Erstnotierung von $1,18 zum Euro nannte ich 1999 viel zu hoch, da die Kaufkraftparität damals im Verhältnis 1:1 stand (dunkelgrüne Linie links) und die Bandbreite damals zwischen $1,05 und $0.95 (hellgrüne Markierung links im Schaubild) lag. Wegen der unterschiedlichen Inflationsrate ist die Kaufkraftparität inzwischen auf $1,25 gestiegen (dunkelgrüne Linie rechts im Schaubild). Die rosa Markierung zeigt eine krasse Unterbewertung des US-Dollars gegenüber dem Euro an; die blaue Markierung deutet eine völlige Unterbewertung des Euro gegenüber dem US-Dollar an. Ich rechne mit keinem weiteren großen Währungsrisiko beim Euro und favorisiere zur Zeit den Euro gegenüber dem US-Dollar.



Der amerikanische Einzelhandel setzt seinen nunmehr über einjährigen Erholungstrend weiter fort (blaue Markierung). Der tiefe, sechsmonatige Einschnitt (rosa Markierung) in der zweiten Jahreshälfte von 2008 ist damit erfolgreich überwunden. Der Tiefstpunkt (roter Pfeil) wurde mit Minus 11% auf Jahresbasis Ende 2008 erreicht. Heute steht das Jahresplus (dunkelgrüner Pfeil) bei fast 9%. Auch wenn die Rezession noch nicht offiziell zu Ende erklärt wurde, begann der neue Wirtschaftsaufschwung bereits vor knapp einem Jahr.



Auch in der Industrie zeichnet sich eine Entspannung seit rund einem Jahr ab. Die Kapazitätsauslastung erreichte im Juni 2009 (roter Pfeil) ihren Tiefstpunkt. Das derzeitige Niveau von knapp 74% deutet auf keinerlei Inflationsgefahr hin. Die US-Notenbank kann daher die Leitzinsen weiterhin niedrig halten, um somit den Wohnungsbau zu unterstützen.

Der Ölpreis fiel zu Wochenbeginn kurzfristig unter die $70-Marke und hat innerhalb von zwei Wochen rund 20% verloren. Meine Zurückhaltung wurde somit größtenteils bestätigt. Ich gehe weiterhin von einem Ölpreis von $65 pro Barrel aus.

Der erste Goldautomat der Welt wurde vor wenigen Tagen im Emirates Palace in Abu Dhabi aufgestellt. Hier kann man sich mit Kreditkarten in jeder Währung Gold-Münzen oder kleine Goldbarren im Wert von bis zu $1.250 aus dem Automaten wie eine Coca-Cola Flasche ziehen. Der Automat wurde übrigens in Deutschland entwickelt. Das Photo wurde am Wochenende gemacht und zeigt Jürgen Anders (links), der 1999 bei mir in New York als Trainee arbeitete und inzwischen für die Schweizer Bank Sarasin in Dubai tätig ist. Ich selbst bin rechts im Bild. Das Gold erreichte einen neuen Höchststand von fast $1.250 pro Feinunze. Unverändert teile ich den Optimismus hier nicht, sondern rechne in den kommenden Monaten mit einem erneuten Unterschreiten der $1.100-Marke.




Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche. Dieser Blog hat sich aus technischen Gründen um einen halben Tag verzögert.


Heiko Thieme